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Privatschulen in Deutschland - damals bis heute

Privatschulen in Deutschland - damals bis heute

Privatschulen boomen - Ihr Anteil an den allgemeinbildenden Schulen ist innerhalb von 20 Jahren auf das Doppelte angestiegen. Da die Nachfrage das Angebot an Plätzen in Privatschulen nach wie vor übersteigt, wird dieser Zuwachs voraussichtlich bestehen bleiben. Doch wie kam es eigentlich zu dieser Art von Bildungseinrichtung?

Privatschulen von damals bis heute

Im Jahr 1919 wurde mit der Weimarer Reichsverfassung (WRV) das Schulwesen von Grund auf neu überarbeitet. Bis zu diesem Zeitpunkt galt eine allgemeine Unterrichtspflicht, welche privaten Innitiativen noch viel Raum gelassen hatte. Mit der WRV wurde diese durch eine Schulpflicht ersetzt. Somit war ab sofort der Staat Hauptverantwortlicher für die Bildung und dadurch die allgemeinbildenden Schulen grundsätzlich öffentlich. Dies wurde im Artikel 143 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung klar definiert: "Für die Bildung der Jugend ist durch öffentliche Anstalten zu sorgen. Bei ihrer Einrichtung wirken Reich, Länder und Gemeinden zusammen." 

Außerdem wollte man mit einer Grundschule, die von allen Kindern, egal welcher Herkunft, gemeinsam besucht wurde, einer Trennung von Schichten entgegenwirken und jedem Kind die Möglichkeit einer schulischen Ausbildung geben. Dennoch sollten private Einrichtungen nicht gänzlich abgeschafft werden. Sofern ihre Lehrziele auf gleichem Niveau mit den öffentlichen Schulen und nicht die Besitzverhältnisse der Eltern Annahmekriterium waren, gab es die Möglichkeit, eine Genehmigung vom Staat einzuholen.

Diese Regelungen wurden fast unverändert in das deutsche Grundgesetz übernommen. Es wird nun lediglich zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen unterschieden. Erstere dienen zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht. Sie richten sich nach den staatlichen Lehrplänen und bieten staatlich anerkannte Abschlüsse an. Diese Privatschulen werden keinesfalls nur privat finanziert. Erhalten sie drei Jahre nach ihrer Gründung staatliche Anerkennung, bekommen sie einen staatlichen Finanzausgleich von durchschnittlich 75 Prozent, je nach Bundesland. Ergänzungsschulen hingegen erhalten keine staatliche Finanzspritze, sind dafür aber auch nicht an staatliche Lehrpläne gebunden. Dadurch sind ihre Bildungsgänge und Abschlüsse jedoch nicht mit denen staatlicher Einrichtungen vergleichbar.

Eine Wende gab es während des Nazionalsozialismus: Zu dieser Zeit war die Bildungspolitik darauf ausgerichtet, Schülern die nationalsozialistische Weltanschauung einzutrichtern. Besondere pädagogische Einrichtungen hatten hier keinen Platz mehr - private Schulen fürchteten um ihre Existenz. 

In der Nachkriegszeit hatten Privatschulen dann ihren ersten Aufschwung. Vor allem in ländlichen Regionen fehlte es an Gymnasien, was zu einem zivilgesellschaftlichen Gründungsimpuls führte und Eltern sowie private Institutionen dazu veranlasste, diese Schulen zu gründen. Mit der Beschließung neuer Bildungsreformen in den sechziger Jahren, war dieser Aufschwung allerdings wieder beendet.

Erst Ende der Neunziger wurde die Privatschulszene erneut aufgewirbelt: Bis zum Jahr 2017 hat sich in Deutschland die Anzahl mit über 5800 Privatschulen innerhalb von 25 Jahren mehr als verdreifacht und ihr Anteil an den allgemeinbildenden Schulen ist sogar um mehr als das doppelte auf rund 11 Prozent gestiegen. Hatten zu Beginn noch Förderschulen den größten Anteil an privaten Bildungsinstitutionen, sind es nun Grundschulen i. d. R. mit reformpädagischer Orientierung wie z. B. Waldorf, Montessori etc.

Da die aktuellen demographischen Entwicklungen in Deutschland einen starken Anstieg an Schülerzahlen erwarten lassen, kann man davon ausgehen, dass die Privatschulen auch weiterhin einen Boom erleben dürfen.